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Max Spohr (1850-1905), einer der interessantesten Akteure des deutschen Buchmarktes an der Wende zum 20. Jahrhundert, verkörpert auf ideale Weise den Typus des Programmverlegers. Als erster und für viele Jahrzehnte einziger Verleger baute er systematisch ein Programm mit Schriften zur Homosexualität auf, die der Zerstörung eines jahrhundertealten Tabus dienten und den „Enterbten des Liebesglückes“ zu sozialer Akzeptanz zu verhelfen suchten. Gemeinsam mit Magnus Hirschfeld gründete er 1897 das „Wissenschaftlich-humanitäre Komitee“, die weltweit erste Organisation der homosexuellen Emanzipationsbewegung, auf deren Entwicklung er bis zu seinem frühen Tod maßgeblichen Einfl uss ausübte. Spohr nahm soziale Stigmatisierung,
finanzielle Einbußen und eine lange Reihe von Gerichtsprozessen auf sich, ohne sich in seinem Engagement beirren zu lassen. Stolz erklärte er: „Ich brauche wohl nicht hervorzuheben, dass durch meinen Verlag noch nie ein unsittliches Werk Verbreitung fand, auch wenn ich den Mut besitze, Schriften zu veröffentlichen, die, wenn sie auch heikle Gegenstände berühren, lediglich der Menschheit zum Segen dienen.“ |