Obgleich Gottfried von Cappenberg offiziell nie heilig gesprochen wurde, ist seine kirchliche Verehrung vor allem im Bistum Münster und bei den Prämonstratensern verbreitet. Die vorliegende kritische Ausgabe der Viten enthält alle drei Lebensbeschreibungen Gottfrieds von Cappenberg, die in erster Linie für die Lesung in den von Gottfried gegründeten Konventen verfaßt wurden. Der Hauptteil der ältesten Fassung bis zum genealogischen Anhang entstand um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Cappenberg aus dem Bestreben, das tugendhafte Leben Gottfrieds den Brüdern vor Augen zu führen. Ein ähnliches Motiv verfolgt das metrische Lobgedicht, das wohl derselbe unbekannte Autor für festliche Anlässe verfaßte. Einige Zeit danach kompilierte ein Cappenberger Prämonstratenser Auszüge aus der Norbertvita und anderen Überlieferungen mit beiden Teilen der Vita I. Trotz ihrer relativ geringen Verbreitung im Mittelalter bieten die drei Viten heute Einblicke in die Entstehungszeit des Prämonstratenserordens, in den Klosteralltag und die frühe Sozialgeschichte der Konvente, die Kirchengeschichte sowie in die politische Geschichte des 12. Jahrhunderts.