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Über 700 Jahre waren Deutsche und Esten im Baltikum ständisch und kulturell voneinander getrennt. Während die Deutschen die Oberschicht bildeten, waren die „undeutschen“ Esten (und Letten) als Leibeigene in Stadt und Land an ihre Herren gebunden. Durch die Aufhebung der Leibeigenschaft 1816−1819 und die allmähliche Umverteilung des Landbesitzes wurden aus den alten Abgrenzungen nationale. In deutschsprachigen Erinnerungen, Briefen, Reise- und Länderberichten sowie in Zeitungen und Zeitschriften und in wissenschaftlichen Abhandlungen wurde die Rolle der Esten und Deutschen während des Umbruchs zur Moderne zwischen 1750 und 1850 unterschiedlich reflektiert. Die an ein breites Publikum, Wissenschaftler wie Laien, gerichtete Studie zur baltischen Kulturgeschichte verbindet Diskursanalyse, Sozial- und Alltagsgeschichte. Sie schlägt einen Bogen von der Analyse der baltischen National- und Regionalstereotypen über die Zivilisationstheorien der Zeit der Aufklärung bis hin zu den deutschen Kolonialphantasien und dem spezifisch deutschbaltischen Kolonialdiskurs. Zugleich rekonstruiert sie alltägliche Formen des Kulturtransfers, die Bedeutung kultureller Mittler und die Orte des Kulturkontakts. Sie stellt Ideologie und Lebenswelt gegenüber und weist neue Wege der transnationalen Baltikumforschung auf.
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