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„Ohne Gesang ist die Synagoge nie gewesen!“ Diese Erkenntnis des deutsch-jüdischen Historikers Ismar Elbogen (1874–1943) steht am Anfang der Studie von Rudolf W. Haidu. Damit ist jedoch explizit nicht der traditionelle hebräische Synagogengesang gemeint, sondern der sich im 19. Jahrhundert im Rahmen jüdischer Akkulturationsbestrebungen entwickelnde deutsche Choralgesang der Reformsynagogen. Übernahm die bisherige historische musikpädagogische Forschung das Narrativ christlicher Hegemonie im 19. Jahrhundert unhinterfragt, so leuchtet Jüdische Musikerziehung im Preußen des 19. Jahrhunderts dezidiert die Perspektive des seinerzeit minderprivilegierten Judentums aus.
Die Publikation untersucht zu Beginn die philosophischen und erziehungswissenschaftlichen Hintergründe des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die vor allem für die Aufklärung in Preußen bedeutsam wurden. Hierbei werden die (ästhetischen und pädagogischen) Ideen Moses Mendelssohns, Schillers, Pestalozzis, Fichtes sowie Wilhelm von Humboldts als auch ihre Beziehung zueinander eingehend untersucht. Folgend nimmt der Autor fünf jüdische Reformschulen in den Blick, in denen der Gesangunterricht nach christlichem Vorbild eingeführt wurde. Er geht dabei auf Hintergründe der Gründung, Viten und Motivation ihrer Protagonisten und Gesangslehrer, Gottesdienstreformen des Instituts, Publikationen und konkrete Unterrichtspraxis ein. Eine Zusammenfassung der Entwicklungen, der Nachweis personellen und inhaltlichen Austauschs sowie ein Ausblick auf die Bedeutung der Erkenntnisse im musikpädagogischen Diskurs beschließen die Studie. |