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Der pietistische Fokus auf die individuelle Beziehung zu Gott bewirkte eine neue Gewichtung des frommen Selbst im Verhältnis zu gesellschaftlichen Konstruktionen wie Standes- und Geschlechterkonstellationen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Konzept des Wachstums der Neuen Kreatur im Menschen, das gelesen werden kann als potentiell unabschließbarer, individuell zu vollziehender Bildungsweg.
In Auseinandersetzung mit aktuellen historisch-praxeologischen Ansätzen und unter einer konsequenten Netzwerkperspektive untersucht Katja Lißmann in ihrer Studie die Briefe zweier Frauen der Quedlinburger pietistischen Bewegung (1691–1703): Sophia Maria von Stammer, geb. von Selmnitz, und Anna Magdalena Francke, geb. von Wurm. In ihren Briefen nahmen sie das pietistische Programm schreibend beim Wort. Sie erarbeiteten sich im Vollzug ihrer frommen Praxis einen eigenständigen religiösen Subjektstatus und trugen auf diese Weise zur Dynamisierung geschlechtsspezifischer Möglichkeitsräume bei. Eingebettet ist die im Schnittfeld von historischer Bildungs- und genderorientierter Pietismusforschung angesiedelte Analyse der Briefe in eine mikrohistorische Rekonstruktion der Quedlinburger lokalpolitischen Situation um 1700 und des lokalen pietistischen Netzwerks. |